6.14. Corporate Roadshows

Roadshows stellen ein wichtiges Instrument der Investor Relations dar. Im Zuge von Roadshows werden Unternehmenspräsentationen gehalten und Gespräche mit Investoren geführt. Beziehungspflege und Vertrauensaufbau zu Investoren sind dabei die wesentlichen Zielsetzungen von Roadshows. Durch die Gespräche und Präsentationen der Roadshows werden zukünftige Erwartungen der Investoren geformt, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des Aktienkurses haben.

Ein wichtiges Instrument in der Post-IPO-Phase für die Beziehungspflege zu ausgewählten Investment Professionals (institutionelle Investoren und Finanzanalysten) ist die Roadshow. Hierbei handelt es sich um eine Reihe von Unternehmenspräsentationen und Gesprächen, die das Management eines börsennotierten Unternehmens vor Investment Professionals an verschiedenen Finanzplätzen (z. B. Frankfurt am Main, München, London, Paris, Zürich, New York) durchführt.

Die Durchführung einer Roadshow ist zeit- und kostenintensiv und kann z. B. bei einem IPO bis zu zwei Wochen andauern. Sie wird üblicherweise nach der Veröffentlichung der aktuellen Geschäftszahlen angesetzt. In Betracht kommen aber auch Roadshows im Zusammenhang mit geplanten Kapitalerhöhungen oder Übernahmen.

Von Seiten des Unternehmens nehmen an der Roadshow in der Praxis der Vorstandsvorsitzende (CEO), der Finanzvorstand (CFO) sowie der Investor-Relations-Manager teil. In Ausnahmefällen können auch Mitarbeiter der zweiten Managementebene involviert sein.


Zielgruppen

Zu den wichtigsten Zielgruppen einer Roadshow zählen institutionelle Investoren, wie z. B. Kapitalanlagegesellschaften, die bereits eine große Anzahl von Aktien des Unternehmens im Portfolio halten. Ziel der Roadshow ist es, einen nachhaltigen Einfluss auf die Loyalität dieser Investoren zu gewinnen. Es handelt sich insofern um eine vertrauensstärkende Maßnahme, um die Glaubwürdigkeit der vom Management initiierten strategischen Entscheidungen zu erhöhen und das Fondsmanagement von der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu überzeugen.

Gesprächspartner können ferner Buy-Side-Analysten sein, die die Kauf- und Verkaufsentscheidungen eines Fonds vorbereiten bzw. treffen. In der Regel sollten dem Unternehmen auch Sell-Side-Analysten bekannt sein, die gleichfalls als potenzielle Gesprächspartner für eine Roadshow in Frage kommen.


Vorbereitungsmassnahmen

Die Organisation einer Roadshow bedarf einer sorgfältigen Vorbereitung. Hierunter fällt z. B. die Erstellung der Unternehmenspräsentation (in deutsch und englisch), die Abstimmung der Präsentationstermine mit den Gesprächspartnern, eine Routenplanung, die Buchung von Hotels und Flügen, die Bereitstellung der erforderlichen Technik sowie die Vorbereitung von Events mit ausgewählten Investoren in der Form von Roundtable-Meetings, Breakfast-Meetings oder auch Kamingesprächen.

Die Organisation der Roadshow wird in der Praxis teilweise von der emissionsbegleitenden Bank, einem bankenunabhängigen Beratungshaus mit Kapitalmarktexpertise oder anderen Finanzdienstleistern mit den entsprechenden Kontakten zu Investment Professionals begleitet oder für das Unternehmen vollständig übernommen. Jedoch sollte in diesem Fall der Investor-Relations-Manager des Unternehmens eng involviert sein, um keine organisatorischen Schwierigkeiten aufkommen zu lassen.

Für die inhaltliche Ausgestaltung der Roadshow ist es wichtig, zu verstehen, wie und mit welchen Methoden institutionelle Investoren und Finanzanalysten das Unternehmen beurteilen. Das heißt, welche Bewertungsmethoden werden angewandt, welche speziellen Hard Facts und Soft Facts sind von besonderem Interesse.


Umfassende Investorenanalyse

In der Vorbereitungsphase der Roadshow sollten die richtigen Gesprächspartner identifiziert werden. Deshalb empfiehlt sich im Vorfeld eine umfassende Investorenanalyse durchzuführen. Sofern das Unternehmen keine Namensaktien ausgegeben hat, besteht die Möglichkeit, Dienstleister zu beauftragen, alle wesentlichen Investoren zu identifizieren und deren Anteilsbesitz in den letzten zwölf Monaten aufzuzeigen.

Als Ansprechpartner für eine Roadshow kommen auch potenzielle Investoren und Finanzanalysten in Frage, die bislang in Unternehmen der Peergroup investieren bzw. diese covern, um diese für das eigene Unternehmen zu interessieren.

Unterstützend für den Erfolg einer Roadshow sind die Kenntnis der persönlichen Interessen der ausgewählten
Gesprächspartner sowie die Durchführung einer sogenannten Entry Poll. Hierbei geht es darum, im Vorfeld zu analysieren, welche besonderen Themen ein Investor während eines Einzelgesprächs (One-on-One) ansprechen möchte und worauf das Management während des Gesprächs fokussieren sollte.


Ablauf der Roadshow

Die Roadshow beginnt üblicherweise mit einer prägnanten Unternehmenspräsentation, die die Geschäftsentwicklung der kurz zuvor abgelaufenen Geschäftsperiode vor dem Hintergrund der Kapitalmarkt-Story reflektieren sollte. Die Ergebnisse der Entry Poll sollten soweit wie möglich in der Präsentation Berücksichtigung finden.

An die Präsentation, die nicht mehr als 50 % der vorgesehenen Gesprächsdauer einnehmen sollte, folgt eine Diskussion („Question & Answer“-Session) mit den Teilnehmern und/oder One-on-Ones. In diesem Zusammenhang ist das Thema „Guidance“ ein wichtiger Bestandteil der Präsentation. Es handelt sich hierbei um die Prognose der Entwicklung wesentlicher Geschäftszahlen, etwa Umsatz und operatives Ergebnis. Wird bei der Vorlage der aktuellen Geschäftszahlen die Guidance über- oder unterschritten, hat das meist Auswirkungen auf den Aktienkurs der Gesellschaft. Da der Wert eines Unternehmens auf den zukünftig erwarteten Ergebnissen beruht, ist dieses Thema für die angesprochenen Investoren und Finanzanalysten von besonderer Bedeutung. Gleichwohl sollte sich das Management mit zukunftsgerichteten Aussagen zurückhalten, um keine Insiderinformationen weiterzugeben, über die andere Kapitalmarktteilnehmer nicht verfügen.

Die sich an die Präsentation anschließenden Oneon-Ones werden im Fachjargon auch als „Grillparty“ bezeichnet, da das Management während des Gesprächs mit heiklen Fragen wie ein Steak „gegrillt“ wird. In das Gespräch können unterstützend aktuelle Researchstudien, Aktienpositionen der Peergroup sowie persönliche Einstellungen und Philosophien eingebracht werden.

Bei dem Gesprächspartner kann es sich um einen Erstkontakt oder Folgekontakt handeln. In der Regel wird das Gespräch von Seiten des Vorstands geführt. Um einen professionellen Eindruck zu hinterlassen, sollte dieser im Vorfeld des Gesprächs genau gebrieft werden.


Nachbereitung

Am Ende einer Roadshow sollte das erhaltene Feedback sowie Fragen der beteiligten Investment Professionals noch einmal reflektiert und protokolliert werden. Diese Notizen können bei zukünftigen Gesprächen unterstützend herangezogen werden. In der Praxis nicht unüblich ist eine sogenannte „Exit Poll“, d. h. eine Befragung der Gesprächspartner nach Ablauf der Roadshow. Dies ist eine Möglichkeit, den Erfolg der Roadshow zu messen und Verbesserungspotenzial zu erkennen.


Autor: Pierre Drach
PDF: Corporate Roadshows