4.10. Data Room

Im Vorfeld eines Kaufs oder Verkaufs von Unternehmen, Unternehmensbeteiligungen oder Immobilien bzw. auch von Börsengängen kann das Vertragsobjekt in einem sogenannten Due-Diligence-Verfahren geprüft werden. Im Rahmen dieser Due Diligence versucht der Käufer, eine möglichst genaue Stärken-/ Schwächen-Analyse und Bewertung des Objektes sowie eine Abschätzung des Kaufrisikos vorzunehmen. Wenn es sich um mehr als einen potenziellen Käufer handelt, erfolgt die Offenlegung durch das zu beurteilende Unternehmen traditionell in einem Data Room. Aber auch bei einem IPO kann die Einrichtung eines Data Rooms die Due-Diligence-Prozesse beschleunigen. Im Einzelnen lassen sich die dort befindlichen Unterlagen und Informationen ihren jeweiligen Prüfungsschwerpunkten z. B. in die Bereiche Strategic, Financial, Tax, Legal, Market, Human Ressource, Culture, Environmental und Technical/IT gliedern. Hierfür bedarf es umfangreicher Vorarbeiten, die zumeist nur mit externer Hilfe z. B. von M&A-Beratern, Investment-Banken oder Wirtschaftsprüfern zu bewerkstelligen sind.

Physischer Data Room

Ein physischer Data Room wird aus Gründen der Diskretion bei M&A-Transaktionen selten in den Räumlichkeiten des Verkäufers eingerichtet, sondern vielfach an einer neutralen Stelle, z. B. bei einem M&A-Berater bzw. einer Investmentbank. Im Falle eines IPOs wird dies im Regelfall beim Emittenten eingerichtet. Die bereitzustellenden Unterlagen werden nach Prüfungsschwerpunkten aufbereitet. Im Anschluss daran wird den potenziellen Käufern bzw. Due-Diligence-Gutachtern und den Emissionsbanken Zutritt in den Data Room und damit Zugriff auf die Unterlagen gewährt. Der Zutritt kann den Beratern des Käufers nur für einen bestimmten, vorher festgelegten Zeitraum und nur zu definierten Tageszeiten gestattet werden. Der Inhalt des Data Rooms kann entweder durch den Verkäufer (z. B. wenn mehrere Interessenten nacheinander den Raum besuchen) oder durch den Käufer (wenn er der einzige Interessent ist und/oder aufgrund seiner Verhandlungsstärke seine Anforderungsliste durchsetzen konnte) vorgegeben sein. Bei einem IPO wird dies von der Emissionsbank vorgegeben.

Für den schnellen und sicheren Zugriff auf die zur Prüfung gewünschten Informationen hat sich die Erstellung eines zentralen Inhaltsverzeichnisses, eines sogenannten Master-Indexes, bewährt. Dieses erleichtert es den Nutzern des Data Rooms, durch die vorhandenen Unterlagen zu navigieren und damit den variierenden Anforderungen nach ihrer individuellen Reihenfolge und Detailtiefe gerecht zu werden.

Für Data-Room-Nutzer gelten in den meisten Fällen insbesondere folgende bestimmte Regeln, die streng überwacht werden:

  • Die Nutzer des Datenraums sind vor Beginn der Due Diligence zu benennen
  • Die Nutzer des Datenraums verpflichten sich schriftlich zur Einhaltung der Vertraulichkeit undder Datenraumregeln
  • Die Anwesenheit wird durch entsprechende Listendokumentiert
  • Es dürfen keine Dokumente aus dem Datenraumentfernt werden
  • Es dürfen keine oder nur eingeschränkt Fotokopienoder Fotografien erstellt werden, Abschriften sinderlaubt (bei einem IPO gelten diese Restriktionennicht)
  • Die Regeleinhaltung wird durch Aufsichtspersonalkontrolliert

Digitaler Data Room

Durch die Zunahme von internationalen Unternehmenstransaktionen und damit auch der Notwendigkeit, Beratern und Interessenten über die Landesgrenzen hinweg Zugriff auf einen Data Room zu ermöglichen, setzt sich der Einsatz von IT-basierten digitalen Datenräumen zunehmend durch. Ein virtueller Datenraum ist eine internetbasierte Plattform, die einen sicheren Onlinezugriff auf vertrauliche Dokumente ermöglicht. Diese werden in einem digitalen Archiv strukturiert und über einen durch Verschlüsselung und Passwort geschützten Eingangsbereich vor unbefugtem Zugriff gesichert. Zusätzlich zu den beschriebenen Anforderungen an physischen Data Rooms gelten für digitale Data Rooms insbesondere die folgenden Regeln:

 

  • Alle Transaktionen und Nutzer werden in einem Audit-Protokoll unveränderbar und revisionssicher protokolliert
  • Der Zugriff auf Dokumente erfolgt auf Basis vonSicherheitskategorien, welche die Benutzer in dieBerechtigungen „intern“, „vertraulich“ und „strengvertraulich“ unterteilen
  • Dokumente dürfen nicht aus dem digitalen Datenraumentfernt oder verändert werden und es dürfenkeine Kopien oder Fotografien der Dokumenteerstellt werden
  • Die Anzeige der Dokumente wird mit einemWasserzeichen, welches den Benutzernamen,das aktuelle Datum und die Uhrzeit beinhaltet,personalisiert

Fazit

Im Rahmen von Unternehmenstransaktionen und auch bei IPOs ist heutzutage die Entwicklung eines Data Rooms üblich. Eine qualitativ gute Vorbereitung des Data Rooms ist u. a. kritischer Erfolgsfaktor für eine effiziente Durchführung der Due-Diligence- Untersuchungen.


Autor: Uli Boelcke
PDF: Data Room