2.4. Börsenreife des Managements

Die Börsenreife des Managements ist eine weitere grundlegende Voraussetzung, um ein IPO erfolgreich durchführen zu können. Hierbei stehen die fachliche und die persönliche Börsenreife im Vordergrund. Während sich die fachliche Börsenreife erlernen lässt und durch ein hohes Maß an Erfahrung dokumentierbar ist, wird sich die persönliche Börsenreife immer nur an der individuellen Persönlichkeit des Managers messen lassen. Hierbei gibt es einige zentrale persönliche Attribute, die diese Börsenreife bestimmen.

Ein bedeutender Einflussfaktor für die Umsetzung der Börsenplanung und eines der wichtigsten Kriterien für die Entscheidung der Investoren ist die fachliche Kompetenz und die persönliche Börsenreife des Managements.

Das Management muss die Fähigkeit haben, die sich auf den Märkten bietenden Erfolgspotenziale zu erkennen und zu realisieren.

Während die fachliche Managementkompetenz anhand verschiedener Kriterien nachprüfbar ist, gestaltet sich dies bei der Beurteilung der persönlichen Börsenreife schwieriger.

Einen hohen Stellwert bei der Beurteilung der Managementkompetenz nimmt die Kommunikationsfähigkeit ein. Durch eine gute Kapitalmarktkommunikationsstrategie kann eine „Investor Relationship Management“-Beziehung aufgebaut werden, die zu einer positiven Wahrnehmung des Unternehmens am Kapitalmarkt genutzt werden kann.

Aus Unternehmens- bzw. Managementsicht ist es erforderlich, Zugang zu maßgeblichen Investorengruppen zu erhalten. Hierbei kommt es u. a. auf die Substanz der bereitgestellten Informationen sowie auf die Wahrhaftigkeit der Informationen an.

Von Bedeutung ist aber auch die Einstellung des Managements zu einer wertorientierten Unternehmensführung. Insbesondere für große börsennotierte Unternehmen ist die Orientierung an der Kapitalmarktperformance ein maßgeblicher Indikator für das unternehmerische Handeln.

Die Entwicklung des Aktienkurses reflektiert hierbei die Geschäftsentwicklung des Unternehmens sowie die vom Kapitalmarkt wahrgenommenen künftigen Chancen und Risiken.

Ein hoher Börsenwert des Unternehmens bringt in der Regel zum Ausdruck, dass die Erwartungen des Kapitalmarktes (Analysten und Anleger) erfüllt werden. Dies hat Auswirkungen auf die Unternehmensentwicklung. Durch die Akquisition von zusätzlichem Kapital steht nach einem Anstieg der Marktkapitalisierung Kapital für weitere Investitionen zur Verfügung. Diese stellen das Potenzial für weiteres Wachstum dar. Da die Kapitalmärkte dazu tendieren, vom Erfolg in der Vergangenheit auf den Erfolg der Zukunft zuschließen, erhöhen sich mithin die Umsatz- und Ertragserwartungen an das börsennotierte Unternehmen. Die Unternehmen – des Prime Standard und des General Standard – gelangen auf diese Weise in einen Wertsteigerungskreislauf. Wertsteigerungen sind jedoch nur möglich, wenn es dem Management gelingt, die (zusätzlich) verfügbaren Finanzmittel immer wieder umsatz- und ertragssteigernd zu reinvestieren. Ein Austausch des Managements börsennotierter Unternehmen erfolgt in der Regel dann, wenn die Marktkapitalisierung des Unternehmens an der Börse durch die aktuelle Unternehmensstrategie „vernichtet“ wird.

Für das Management mittelständischer Unternehmen bietet sich durch eine Notierung des Unternehmens am Entry Standard an der Frankfurter Wertpapierbörse die Möglichkeit, eben diesen Umgang mit dem Kapitalmarkt zu üben. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund vorteilhaft, das die Unternehmensstrategien mittelständischer Unternehmen nicht auf Quartale, sondern auf Jahre ausgelegt sind.

Die Börsenreife eines Unternehmens sollte frühzeitig und ggf. mit externer Unterstützung vom Management – auch in Bezug auf die eigenen Kompetenzen – auf den Prüfstand gestellt werden.

Bei Familienunternehmen sollte – sofern dies ein akutes Thema ist – vor dem Börsengang die Unternehmensnachfolge geregelt und in entsprechenden Nachfolgeplänen dokumentiert werden.


Autor: Günter Kaehlert
PDF: Börsenreife des Managements