6.9. Meldung bedeutender Stimmrechtsanteile

Aktionäre haben die Pflicht, bestimmte Beteiligungsveränderungen zu melden. Die entsprechenden Bestimmungen wurden zuletzt durch das Transparenzrichtlinienumsetzungsgesetz (TUG) verschärft. Weiterhin haben sie bei Über- oder Unterschreiten bestimmter Stimmrechtsschwellen ein Pflichtangebot auf alle ausstehenden Aktien zu machen. Die Voraussetzungen für das Pflichtangebot sind im Wertpapierübernahmegesetz (WpÜG) geregelt.


Mitteilungspflichten

Gem. § 21 Abs. 1 WpHG haben Aktionäre Beteiligungsveränderungen an Emittenten, für welche die Bundesrepublik Deutschland Herkunftsstaat ist, bei Erreichen, Über- oder Unterschreitung folgender
Stimmrechtsschwellen zu melden: 3 %, 5 %, 10 %, 15 %, 20 %, 30 %, 50 %, 75 %. Die Meldung ist
dem Emittenten sowie der BaFin unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von vier Handelstagen
mitzuteilen, § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG. Die Frist beginnt grundsätzlich mit dem Zeitpunkt der Kenntnis oder
des Kennenmüssens des Meldepflichtigen, § 21 Abs. 1 S. 3 WpHG. Hierbei wird zwei Handelstage
nach dem Erreichen, Über- oder Unterschreiten der Schwelle eine Kenntnis vermutet, § 21 Abs. 1 S. 4
WpHG. Eine Meldung ist auch von Aktionären abzugeben, die im Zeitpunkt der Erstzulassung über 3 %
der Stimmrechte an einem Emittenten halten, § 21 Abs. 1a WpHG. Der Emittent, der Informationen
hiervon erhält, hat diese unverzüglich, spätestens drei Handelstage nach Zugang der Mitteilung zu veröffentlichen und zur Speicherung im Unternehmensregister zu übermitteln, § 26 Abs. 1 S. 1 WpHG. Emittenten müssen am Ende eines jeden Kalendermonats, in dem es zu einer Veränderung der Gesamtzahl der Stimmrechtsanteile kam, diese Änderung veröffentlichen und an das Unternehmensregister übermitteln, § 26a WpHG.

 

Checkliste Meldeschwellen

 

 

Das Erreichen sowie Über- oder Unterschreiten folgender Beteiligungsschwellen ist meldepflichtig gem. § 21 Abs. 1 WpHG:

  • 3 %
  • 5 %
  • 10 %
  • 15 %
  • 20 %
  • 30 %, bei Überschreiten der 30-Prozent-Schwelle ist ein Pflichtangebot bezogen auf alle übrigen Aktien des Emittenten nach dem WpÜG erforderlich.
  • 50 %
  • 75%

Zurechnung von Stimmrechten

Dem Meldepflichtigen werden alle Stimmrechte Dritter zugerechnet, auf deren Ausübung er Einfluss nehmen kann. Gem. § 22 Abs. 1 WpHG werden demnach Stimmrechte zugerechnet,

  • die einem Tochterunternehmen des Meldepflichtigen zustehen,
  • die einem Dritten gehören und von ihm für Rechnung des Meldepflichtigen gehalten werden,
  • einem Dritten nur zur Sicherheit übertragen wurden, es sei denn, der Dritte ist berechtigt die Stimmrechte unabhängig von Weisungen des Meldepflichtigen auszuüben,
  • an denen ein Nießbrauch zugunsten des Meldepflichtigen besteht,
  • die der Meldepflichtige über eine Kaufoption erwerben kann,
  • die dem Meldepflichtigen anvertraut sind, sofern er bezüglich der Ausübung Ermessen hat.

Ausnahmen gelten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen in Bezug auf Beteiligungen, die von ihnen im Rahmen einer Wertpapierdienstleistung gehalten werden, § 22 Abs. 3a i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 6 WpHG. Aktien von Ehegatten sowie Aktien Minderjähriger werden nicht automatisch dem Ehepartner bzw. den Eltern zugerechnet, es sei denn, es wurde eine Poolvereinbarung hinsichtlich künftiger Stimmrechtsausübungen getroffen. In diesem Fall werden jedem Poolmitglied die Stimmrechte der anderen Mitglieder zugerechnet.


Pflichtangebot

Erwirbt ein Aktionär die Kontrolle an einem Emittenten, muss er die öffentliche Übernahme aller übrigen Aktien zu einem angemessenen Preis in Geld oder in liquiden, an einem organisierten Markt zum Handel zugelassenen Aktien anbieten, §§ 35ff. WpÜG. Kontrolle erwirbt ein Aktionär mit Überschreiten der Schwelle von 30 % der Stimmrechte, § 29 Abs. 2 WpÜG. Das Übernahmeangebot ist unter Angabe der Höhe des gehaltenen Stimmrechtsanteils binnen sieben Kalendertagen ab Kenntnis oder Kennenmüssen des Aktionärs zu veröffentlichen. Die Zurechnungskriterien der §§ 39, 30 WpÜG sind identisch mit denjenigen des WpHG. Der Bieter muss anschließend innerhalb von vier Wochen eine Angebotsunterlage an die BaFin übermitteln und veröffentlichen, § 35 Abs. 2 S. 1 WpÜG, es sei denn, er ist seitens der Ba-Fin von der Angebotspflicht befreit. Verletzt der Bieter seine Pflicht zur Veröffentlichung eines Pflichtangebots, ruhen seine Rechte aus allen Aktien an dem Emittenten gem. § 59 S. 1 WpÜG. Dennoch gefasste Aktionärsbeschlüsse sind anfechtbar. Weiterhin kann ein Bußgeld in Höhe von einer Million Euro verhängt werden, § 60 Abs. 3 WpÜG.


Autor: Holger Hirschberg / Philipp Melzer / Stephan Parrandier / Dr. Andreas Zanner
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